10.08. - 12.08.2006 / Nürnberg

                     

V. f. V. e. V.

 

auf Fachexkursion in

 

 Nürnberg

 

oder

 

„Lukas, wo ist das Dragerl?“

 

Die diesjährige Fachexkursion des Vereins der Freunde des Vogelbräu führte die 24 teilnehmenden Wirtschaftsprüfer vom 10.08. – 12.08.2006 in die alte Reichsstadt Nürnberg.

Am frühen Donnerstagmorgen versammelten sich die Teilnehmer vorfreudig im Karlsruher Hauptbahnhof und ab ging die Fahrt in die Stadt der Rostbratwürste und Lebkuchen. Es ist ja selbstredend, dass man mit der Eisenbahn in die Stadt fährt, von der aus die erste Eisenbahn in Deutschland fuhr. Die damaligen Reisenden saßen mit großer Wahrscheinlichkeit unwesentlich komfortabler als wir.

Nachdem alle den unnötigen Aufenthalt im Bahnhof der schwaben-würstelbergischen Hauptstadt gut überstanden hatten und es auch schon auf 11.00 Uhr zuging, traf man sich – für eine Wirtschaftsprüfung typisch – im Zugbistro. Und rasch ging die Reise, Zug um Zug, vorwärts und gegen Mittag erreichten wir die freie Reichsstadt.

Angekommen, suchte sich jeder ein Taxi, bis auf zwei Weltenbummler, oder Geizhälse – je nach dem - , die es sich trotz Regen nicht nehmen ließen, mit Koffer, Tasche und Rucksack bepackt, Nürnbergs Altstadt auf der Suche nach dem Hotel zu durchqueren und die ersten Sehnenwürdigkeiten in Augenschein zu nehmen. Sie zogen vorbei an großen Kirchen, Plätzen und Wirtshäusern, es roch nach Rostbratwürsten, Buchenholz, Moder, kurz nach all dem, wonach eine gute alte Reichsstadt zu riechen hat. Der Geruch mag ihnen den Orientierungssinn genommen haben, doch unsere findigen Weltenbummler, fanden schließlich doch den Weg ins Burghotel, nachdem eine sehr freundliche städtische Angestellte im Rathaus den Weg gewiesen hatte. Wie sich herausstellte, waren die beiden Barfüßer unwesentlich später eingetroffen, als die Motorisierten und sie schlugen zudem zwei Fliegen mit einer Klappe: die Altstadt war erkundet und man hat sich sechs Euro fürs Taxi gespart, die umgehend im nächsten Wirtshaus gewinnbringend in Bier umgesetzt wurden.

In der Stadt der Reichsinsignien des Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gibt es Unmengen an Nürnbergern, die in geraden Zahlen ab sechs aufwärts auf einem Zinnteller liegen und entweder mit Kraut oder mit Kartoffelsalat verspeist werden. Werden die Nürnberger in einem Sud aus Essig und Zwiebeln gekocht, so nennt man sie saure Zipfel; und auch die sollen vorzüglich schmecken. An dieser Nürnberger Spezialität erfreuten sich auch die Reiseteilnehmer, denn die Stärkung kam sehr gelegen, konnte man doch auch so den ersten Kontakt zu den Einheimischen und ihren Ess- und Trinkgewohnheiten herstellen. So stellte sich beispielsweise heraus, dass ein „Russ“ nicht nur ein 34-jähriger „Küchenjunge“ ist, sondern auch ein Weizenradler.

Gestärkt machte man sich wieder auf den Weg durch den Regen. Doch lange lief man nicht, denn das nächste Wirtshaus war schon gefunden. Ja, irgendwie musste man ja die Zeit bis zum abendlichen Ausflug aufs Land überbrücken. Manchen mag es in dieser Zeit auch in eines der vielen Museen Nürnbergs gezogen haben, die sicherlich auch ihren Reiz und ihre Einzigartigkeit haben, wie beispielsweise das Spielzeugmuseum, in dem eine Dampfbrauerei zu bestaunen war, die – nach Erklärung eines fachkundigen Professors einer der namhaftesten Hochschulen Deutschlands – jedoch auch nicht anderes hervorbrachte als mancher Politiker: heiße Luft.

Gegen Abend ging es mit einem Bus hinaus aufs Land. Bevor der Bus jedoch startete, überzeugte sich der Geschäftsführer des befreundeten Bundes Freiheit statt Baden-Württemberg vom ordnungsgemäßen Zustand des Busses und des Fahrers und überprüfte die Fachkenntnisse des Fahrers, was in einem Notfall zu tun sei. Er muss irgendwie schlechte Erfahrungen mit Bussen und deren Fahrern gemacht haben, anders ist diese seltsame Aktion nicht zu erklären.

Bus und Fahrer waren in einwandfreiem Zustand. So ging die Fahrt durchs abendliche Franken hin nach Gräfenberg, in die Stadt des Lindenbräu. Dort wurden wir von einem fachkundigen Brauer empfangen, der uns auch durch die Brauerei führte und uns in die tiefen Geheimnisse der Braukunst einweihte. Die Lindenbrauerei ist auf ihre Art etwas Einzigartiges, da es dort Verfahren und deren Geräte zu betrachten gibt, die sonst nur noch wenige Male in Deutschland zu bestaunen sind. So beispielsweise eine riesige kupferne Pfanne, in der das Malz abgekühlt wird. Bei Rudi gibt’s das als kleinere Ausgabe, er nennt es „Mälzerpfännle“ und es schmeckt hervorragend. Die Gärung des Bieres erfolgt offen, dies ist auch eine Seltenheit im deutschen Brauerwesen geworden. Besonders interessant war auch die Tenne, in der die Gerste noch mit der Hand gedreht wurde, bis sie das Keimen begann.

Je tiefer man in den Keller kam, umso kälter wurde es. Manch einer, der ein kurzes Hemd trug, oder manch eine, die keine Strümpfe anhatte, fror ziemlich. Gambrinus sei Dank, kamen alle wieder gesund und munter aus dem Kühlkeller, der im Übrigen auch als Aufbewahrungsraum für verderbliches Obst und Gemüse genutzt wird. Kam so vielleicht die die ungenießbare Mischung des Bananenweizens zustande?

Nach der besichtigten Abfüllanlage erhielt der Braumeister dahier und Ehrenmitglied des V.f.V. e.V. ein Abschiedsgeschenk: sechs Flaschen herrlichen Gerstensaftes in einem Dragerl, dass fortan von Lukas mit Argusaugen bewacht wurde und der es bis zum Ende des Ausfluges trotz hartnäckiger Forderung nach Herausgabe mit seinem Leben bewachte.

Nach dem Besuch der Abfüllanlage und eines kleinen Biermuseums, in dem auch schon ein Vogelkrug steht, klang der Abend in kraftvoller Weise in einem der Wirtshäuser Gräfenbergs aus, wozu wir hier im Badischen „Besen“ sagen würden. Ein nettes, häusliches, gemütliches Wirtswohnzimmer, in dem wir mit köstlichem Essen und Lindenbräu verwöhnt wurden. Das dunkle glich jedoch von Glas zu Glas mehr einer lauwarmen Cervisia als einen kühlen Dunklen. Dies habe ich mir von mehreren Bierkennern bestätigen lassen, da ich selbst mehr dem kühlen Blonden zusprach, oder –trank, je nach dem. Die Spezialität des Hauses war ein „Karton blau“ mit Limburger Käse, das allen mundete, zumindest denen, die es aßen.

Als wir zurückkehrten nach Nürnberg, die Nacht hatte sich mittlerweile über die Stadt der Meistersinger gelegt, war an Schlaf noch nicht zu denken, schließlich hat Nürnberg ja auch ein Nachtleben, oder? In einer kleinen Altstadtkneipe ließen wir den Abend fröhlich bei drei bis fünf Schlummertrünken ausklingen und fielen tot müde in die Betten.

 

Der Freitag machte seinem Namen alle Ehre, denn es stand jedem frei, was er machen wollte. Mancher Frühaufsteher legte einen Museumsmarathon hin, andere schliefen lange oder frönten dem Sportsgeist im hoteleigenen Pool. Andere wiederum, wie unsere beiden Weltenbummler, machten sich nach dem Frühstück auf, um die weltbekannte Kaiserburg zu erkunden. Der Regen ließ zeitweise nach und so war ein Spaziergang durch den Bürgermeistergarten auf dem Weg zur Burg auch ohne Schirm möglich. Von oben hatte man eine herrliche, wenn auch leicht trübe Aussicht über Nürnberg. Zu Füßen der Burg fand sich ein kleiner Laden, dessen Schaufenster von rot und weiß nur so funkelte. Es war der Laden des Frankenbundes, quasi der Bruderbund des B.F.s.B.W.. In dessen Auslage waren zahlreiche Souvenirs des Frankenlandes zu betrachten, darunter, Kartenspiele, Wimpel und Fahnen, Aufnäher, Bierkrüge, Schilder, Bücher, Spiele und Anstecknadeln, kurz, alles was das Frankenherz im Kampf gegen blau-weiß höher schlagen lässt. Auf einem Bierkrug war der Wahl- und Freiheitsspruch aller Franken zu lesen: „Gott sei Dank bin i a Frank“. Die Franken sind doch ein symbadisches Völkchen! Vorbei am Dürer-Haus und einem wunderschönen mittelalterlichen Häuserensemble endete die Burgbesichtigung unserer Weltenbummler aufgrund des einsetzenden Regens kurzzeitig im Hotel, um sich eine „Joppe“ überzuziehen. Dann war es ja auch schon wieder Zeit zur Stärkung. Und wo kann man sich besser stärken, als in einem Haus, dass seit Jahrhunderten schon für Genesung steht: das Heilig-Geist-Spital. So dachten es sich wahrscheinlich auch 180 Amerikaner, die sicherlich auf einer In-6-Tagen-durch-Europa-Tour in Nürnberg Halt machten, um sich zu stärken. Der Präsident stellte hierauf die philosophische Frage, was denn schlimmer sei als 99 Dalmatiner. Antwort: 180 Amerikaner. Nun ja, die Ägypter hatten die zehn Plagen, wir haben eben die Amerikaner, so hat jeder sein Dragerl zu tragen, gell Lukas?

Den Nachmittag verbrachte man mit der Besichtigung der Stadt und seiner zahlreichen Museen und Sehenswürdigkeiten, stärkte sich zwischendurch noch mit „drei im Weckla“ und um 19.00 Uhr traf man sich im „Barfüßer“, einer Nürnberger Hausbrauerei, in der man das Nachtmahl zu sich nahm. Mancher kam etwas später, da an diesem Abend zu fast gleicher Zeit ein Großereignis stattfand: der KSC schlug sich wacker gegen Burghausen. Dass Nürnberg am folgenden Tag auch noch Stuttgart schlug, unterstreicht nur die badisch-fränkische Verbundenheit. Gemeinsam sind wir stark!

Nach dem Nürnberger Mahl, an dem nicht wie weiland 1649 Hunderte, sondern nur 24 teilnahmen, gelangten wir – manche über Boxenstopps – in das „Goldene Posthorn“, eines der berühmtesten Wirtshäuser Nürnbergs, in dem Richard Wagner einen Teil seiner „Meistersinger“ schrieb. Die Zeit und der köstliche Frankenwein flossen dahin und das Wirtshaus schloss. Ja, mit der Sperrstunde nimmt man es in der Stadt der Taschenuhren genau. So zogen wir weiter auf der Suche nach einem Schlummertrunk in die Altstadtkneipe, in der der Vorabend schon ausklang. Ruhig war es in der Kneipe, im Gegensatz zu nebenan liegenden Diskothek. Es war Freitagabend und das Leben pulsierte in Nürnberg, so auch im „Schmelztiegel“, einer der vielen Nürnberger Diskotheken, in der wir uns noch etwas vergnügen wollten. Man musste schnellen Fußes sein in dieser Disco, denn wer länger als eine Minute auf einer Stelle stehen blieb, klebte am Boden fest. Das hielt einige von uns jedoch nicht davon ab das Tanzbein zu schwingen, ausrutschen konnten man ja schließlich nicht. Aber es rutschte doch etwas aus und zwar eine Faust: Von jugendlichem Leichtsinn, Eifersucht und der notwendigen Menge Alkohols beeinflusst, kam es zu einer kleinen Schlägerei. Gläser und die zwei Kontrahenten flogen, erst auf den Präsidenten, dann zu Boden. Glücklicherweise ging diese Rangelei größtenteils unblutig zu Ende. Es flossen nur zwei Tropfen Blut und zwar aus der Hand des Autors dieses Berichtes, der sich in einen Glassplitter stützte und es ist nur seinem guten Immunsystem zu verdanken, dass er heute in der Lage ist, diesen Bericht mit beiden Händen zu schreiben.

So verlies man die Diskothek wieder, um anderswo noch an einen kühlen Hopfentrunk zu kommen. Die Gelegenheit bot sich in der „Saigon Bar“ vis a vis vom Hotel. Dort hörte man schon am Vorabend ständig die Eingangstüre, folglich musste dort auch das Leben pulsieren. Die Eintretenden hoben nicht gerade den Altersdurchschnitt, doch in der angenehmen Atmosphäre ließ man sich gerne auf ein letztes Bier nieder. Es war mittlerweile drei Uhr morgens, als die letzten die Bar verließen. Sie kamen also keineswegs spät ins Hotel, sondern früh – alles nur eine Frage des Standpunkts.

 

Samstag war schon der Abreisetag, da man ja pünktlich zur Proklamation des Großherzogtums Baden am Sonntag vor dem Schloss sein wollte. Unglücklicherweise kam diese Veranstaltung nicht zu Stande. Das hätte man im Vorfeld wissen müssen. Nach dem Frühstück machte man sich wiederum auf zurück zum Bahnhof. Manche im Taxi, andere zu Fuß. Nach einem kurzen Zwischenstopp im „Andechser“, schließlich war ja schon Mittagszeit und der Magen knurrte, erreichte man zuerst den Bahnhof und drei Stunden später wieder das heimatliche Karlsruhe. Auf diese Wiedersehensfreude gönnten sich manche noch ein Vogel, mit der Erkenntnis, das eine Reise zwar sehr interessant sein kann, zu Hause jedoch das Bier immer noch am besten schmeckt. Da lob ich mir ein Vogelbier! Und da ich schon wieder ein Glas in der Hand habe, erhebe ich es auch gleich auf die Organisatoren der diesjährigen Fachexkursion. Vielen Dank, es war eine kraftvolle Veranstaltung und wir dürfen schon gespannt sein, welche kulturellen Genüsse im nächsten Jahr auf uns warten.

 

Bis dahin, Prost

 

Euer

Markus Künstler